Depressive Störungen zählen zu den häufigsten psychiatrischen Erkrankungen weltweit. Im Kinder und Jugendalter treten Depressionen nicht seltener als bei Erwachsenen auf. Die Erkrankung kann bereits im Kindesalter beginnen, kann chronisch verlaufen und die psychosoziale Entwicklung erheblich beeinträchtigen (Ravens-Sieberer et al., 2007). Eine Früherkennung ist daher besonders wichtig. Allerdings wird die Diagnose Depression selten gestellt, weil vielen Ärzten die Entwicklungsauffälligkeiten der Depression unbekannt sind. Gleichzeitig ist es schwierig zu beurteilen, was Phänomene im Rahmen der „normalen“ Entwicklung sind – insbesondere in der Pubertät, in der die Stimmung ebenfalls schwanken oder sich das Verhalten ändern kann. Wird eine Depression erkannt, kann sie jedoch gut behandelt werden.
Das Risiko, an einer Depression zu erkranken, steigt bei Jugendlichen gegenüber Kindern an. Bei Kindern im Vorschulalter liegt die Häufigkeit bei ca. 1 Prozent, im Grundschulalter sind immerhin fast 2 Prozent der Kinder betroffen. (Balázs et al., 2013; Hoffmann et al., 2012; Preiß & Remschmidt, 2007). In der Kindheit ist das Verhältnis von Jungen und Mädchen mit Depression in etwa gleich. Ab dem Jugendalter sind junge Frauen doppelt so häufig betroffen wie junge Männer.
Häufig zeigen sich die depressiven Symptome im Kindes- und Jugendalter nicht allein in einer melancholischen Grundstimmung, sondern sind hinter körperlichen Symptomen, hinter krankhafter Unruhe oder Aggressionen verborgen.
In der Schule werden diese Kinder oft als unausgeschlafen oder nervös beschrieben. Von den Eltern werden oft als „Heulsuse“ beschrieben, es wird berichtet, dass sie zu Hause herum sitzen und sich zu nichts motivieren können, wenig Essen und schlecht schlafen. Die Kinder denken oft von sich, nichts wert zu sein, sie finden sich hässlich, dumm und fühlen sich zutiefst unglücklich. Über die normale psychische Entwicklung von Kindern und Jugendlichen existieren oft weit verbreitete Vorurteile, die mit der Realität wenig zu tun haben. So seien Säuglingen immer glücklich, wenn sie von der Mutter umsorgt werden oder in der Badewanne liegen. Realität ist allerdings, dass es auch wenige Säuglinge gibt, die häufig schreien, wenig mit den Eltern Kontakt aufnehmen oder die Eltern oft sehr in Anspruch nehmen und unglücklich machen. So gibt es auch wenig ernste, stille, nachdenkliche und bedrückt wirkende Kleinkinder, die wenig Antrieb zeigen, obwohl sie ausreichende kognitive Anlagen tragen. Auch Schulkinder gelten als übermütig und ständig in Bewegung, zu Streichen aufgelegt, aber auch hier sieht die Realität oft anders aus. In jeder Klasse finden sich neben überaktiven und teilweise aggressiven Kinder auch ebenso viele zurückgezogene, ängstliche, gehemmte oder bedrückte Kinder, die ein geringes Selbstwertgefühl zeigen. Wohl jeder, der an seine eigene Kindheit und seine Schule zurück denkt, wird sich an diesen ernsten und betrübten manchmal überordentlichen und ehrgeizigen, oft schwachen und durchsetzungsunfähigen Mitschüler erinnern. So bleibt einigen Erwachsene die Kindheit und Jugend nicht als die schönste Zeit ihres Lebens im Gedächtnis. Nur für begabte, gut entwickelte, kognitiv stabile Kinder ist die Schule eine schöne Zeit. Diese Kinder gehen gerne zur Schule und sie sind gegen jede Schulreform, gegen große Klassen und schlechte Lehrer immun.
Vgl. hierzu: Gerhardt Nissen,(Herausgeber), Depressionen: Ursachen - Erkennung - Behandlung, Kohlhammer (1999)
Depressive Kleinkinder zeigen zudem häufig eine Entwicklungsverzögerung. Sie lernen später laufen und sprechen, entwickeln geringere grob- und feinmotorische Geschicklichkeit und auch kognitive Fähigkeiten können sich langsamer entwickeln.
Es können sich erste Vorformen typisch "erwachsener" Symptome zeigen, z.B. Äußerung der Annahme, dass keiner mit ihnen spielen wolle, keiner sie liebe und keiner Zeit für sie habe.
Ab diesem Alter treten die typischen Symptome der Depression in den Vordergrund. Die Kinder sind niedergeschlagen, resigniert und ängstlich.
Genauere Diagnosekriterien sind in den Klassifikationsschemata nach ICD-10 und DSM-IV festgelegt.
Die Erkrankung als solche zu erkennen ist ein entscheidender Schritt bei der Bewältigung der Depression. Doch an welchem Punkt wird aus normalem "auffälliges" Verhalten? Wenn sich altersbezogenen Symptome über mehrere Wochen und Monate zeigen, ohne dass es zu einer Restabilisierung kommt, handelt es sich möglicherweise nicht mehr um "normale" alterstypische Veränderungen oder eine nachvollziehbare vorübergehende Reaktion auf eine äußere Belastung (z.B. Verlustsituation), sondern möglicherweise um eine Depression. Es sollte wenn möglich mit Kindern und Jugendlichen, die auffälliges Verhalten zeigen, ein vertrauensvolles und ruhiges Gespräch gesucht werden. Wenn nach einem Gespräch der Verdacht auf eine Depression bestehen bleibt, sollte professionelle Hilfe in Anspruch genommen werden.
Sie beinhaltet den Ausschluss körperlicher Ursachen der depressiven Symptome (z.B. Schilddrüsenfunktionsstörung) und die Untersuchung hinsichtlich begleitender psychiatrischer Störungen (z.B. Angststörungen). Erfahrene Diagnostiker sind zusätzlich darin geschult, mit der bei Jugendlichen häufig beobachteten Verleugnungstendenz und den möglicherweise großen Schamgefühlen hinsichtlich der depressiven Symptomatik umzugehen.
Eine Psychotherapeutische Behandlung ist sehr erfolgversprechend. Vor allem die kognitiven Verhaltenstherapie, Interpersonelle Therapie, Familientherapie und die Spieltherapie sind wertvolle Psychotherapeutische Möglichkeiten. Der Behandlungsplan sollte dabei immer an die individuelle Lebens- und Entwicklungssituation des Kindes angepasst werden, d.h. Alter, schulisches und familiäres Umfeld berücksichtigen. Die Eltern der betroffenen Kinder sollten ebenfalls immer mit einbezogen werden.
Auch bei Kindern und Jugendlichen kann eine Behandlung mit Medikamenten sinnvoll und notwendig sein. Die Behandlung wird nach Aufklärung der Kinder bzw. Jugendlichen und deren Sorgeberechtigten von einem kinderpsychiatrisch erfahrenen Kinderarzt oder Psychiater vorgenommen.
Für interessierte Lehrerinnen und Lehrer gibt es Materialien zur Unterrichtsgestaltung zu psychischer Gesundheit und den Umgang mit Krisen („Nicht ganz normal?! - Psychische Erkrankungen verstehen" und „Keinen Plan mehr? Wer hilft dir, wenn du nicht mehr weiter weißt? Krisen bei Jugendlichen"). Diese können gern beim Deutschen Bündnis gegen Depression per E-Mail angefordert werden. Informationen zu Depression bei Kindern und Jugendlichen finden Sie auf www.fideo.de
Das Düsseldorfer Bündnis gegen Depression hat einen Informationsflyer entwickelt, der über Depression bei Kindern und Jugendlichen informiert.
Informationsflyer Depression im Kindes- und Jugendalter zum Download
Ein sehr gelungenes Angebot bei einer Depression oder Essstörung der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) für Jugendliche, findet sich auf der Internetseite www.gefuehle-fetzen.net wenn"Gefühle mal verrückt spielen". Die Seite soll nach Angaben der BPtK auch Mut machen, über Probleme zu sprechen.
Ebenso das Münchner Bündnis gegen Depression: Flyer zum Download.
Paul ganz unten. Eine Aufklärungsbroschüre für Jugendliche
Wissensvermittlung zu Depression im Jugendalter – Entwicklung und Evaluation einer Aufklärungsbroschüre an der Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie der LMU München Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit 2016